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Kanzler Honecker?!

Thema: Junge Ossis und die Bürgerrechtler, Bundeskanzler Honecker.

Warum die Ignoranz der Jüngeren gegenüber der DDR-Geschichte manchmal nur schwer auszuhalten ist von Hubertus Knabe:


Ungefähr 200.000 Jugendliche besuchen uns jedes Jahr in der Gedenkstätte Berlin-Hohenschönhausen, und viele von ihnen schlendern zunächst locker-flockig vom Bus zum Gefängnistor, mit der Cola-Dose in der Hand. Es ist nicht so, dass sie respektlos wären gegenüber diesem Ort, dem früheren Untersuchungsgefängnis der Staatssicherheit. Sie sind ahnungslos.

Es gibt Schüler, die meinen, die Straße des 17. Juni in Berlin sei nach dem Datum der Love Parade benannt. Erich Honecker sei Bundeskanzler gewesen, Erich Mielke ein berühmter Schriftsteller. Ich übertreibe nicht, das alles haben wir schon gehört. Viele Schüler, die uns besuchen, wissen zunächst gar nicht so richtig, wo sie sich befinden. Dass sie überhaupt hier landen, geht häufig auf die Initiative ihrer Lehrer zurück. Die meisten Jugendlichen reisen ohne Erwartungen an; oder aber sie meinen, es komme ein langweiliger Museumsnachmittag auf sie zu. Wir sind das gewohnt, vor allem wissen wir, dass sich ihre Meinung hinterher schnell wandelt. Dennoch: Die Unwissenheit und die anfängliche Ignoranz sind manchmal schwer auszuhalten – vor allem für unsere Museumsführer. Zu Beginn einer Führung stellen wir simple Fragen, um herauszufinden, was die Schüler überhaupt wissen. Zum Beispiel: Was war die DDR? Wer hat sie regiert? Viele Schüler haben weder eine Ahnung davon, was die Abkürzung DDR bedeutet, noch können sie erklären, was die Friedliche Revolution war. Das Wissen darum ist praktisch vollständig verloren gegangen. Ist das den Schülern vorzuwerfen? Nein. Offensichtlich haben sie es in der Schule und zu Hause nicht besser gelernt. Viele Geschichtslehrer behandeln den Nationalsozialismus in ihrem Unterricht sehr intensiv, aber für die DDR bleibt kaum noch Zeit. Selbst französische Schüler, die uns besuchen, stehen oft besser im Stoff als die deutschen. Ist es nicht seltsam, dass mitunter junge Menschen aus Lyon besser als ihre Altersgenossen aus Leipzig wissen, was es mit der Deutschen Demokratischen Republik auf sich hatte?

Selbst junge deutsche Akademiker haben erstaunliche Wissenslücken. Kürzlich saßen ausgebildete Historiker vor mir, die sich bei uns um ein Volontariat bewarben. Auch denen fiel es zum Teil schwer, die Gründung der DDR oder die der Stasi zu datieren.

Die gute Nachricht ist – und das erleben wir jeden Tag: Es ist nicht so schwer, den Jüngeren die DDR-Geschichte nahezubringen. Im Gegenteil, man kann sie dafür richtig elektrisieren, denn es geht um existenzielle Lebensfragen: Verrat, Gefangenschaft, Diktatur. So gelangweilt die meisten aus den Bussen aussteigen, so ergriffen verlassen sie die Gedenkstätte meist wieder. Das liegt vielleicht auch daran, dass viele unserer Museumsführer ehemalige Gefangene sind. Wenn diese mit den Jugendlichen in ein Verhörzimmer gehen und sagen: Auf dieser Seite des Tisches saß der Stasi-Vernehmer, und hier auf diesem Hocker saß ich, dann geht dies den Jugendlichen meist sehr nah. Dann fangen sie an, Fragen zu stellen. Einige schreiben nach ihrem Besuch noch Mails an ihren Museumsführer: "Wir bewundern Sie für dafür, dass Sie die Kraft gehabt haben, uns durch Ihre Zelle zu führen."

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